In Österreich – und schliesslich bis vor den EuGH – stritten sich eine Papierfabrik, die Verwaltung sowie die Gerichte um den Charakter des Klärschlammes: Ist er „Abfall“ oder bereits „Nebenprodukt“: Je nach dem erwiesen sich Änderungen am Verbrennungs-Kessel der Papierfabrik und an der Reststoffverbrennungsanlage des Gemeinwesens als bewilligungspflichtig.
Die Papierfabrik nutzte den bei der Klärung deren eigenen Abwassers (pflanzliche Rückstände ohne besonderes Gefahrenpotenzial) zusammen mit dem Abwasser der Gemeinde (nur 10%; gilt aber Kraft Regelung klar als Abfall) anfallenden Klärschlamm, indem der mittels Verbrennung entstehende Dampf der Energiegewinnung für die Papier- und Zellstofferzeugung zugeführt wurde.
Obwohl das Abwasser aus der Papierproduktion aus pflanzlichen Rückständen besteht und daher kein besonderes Gefahrenpotenzial aufweist, bejahte der EuGH die Abfalleigenschaft. Denn dieses Abwasser sein nicht von dem kommunalen Abwasser zu trennen, welches unstreitig Abfall darstelle, weil sich die früheren Besitzer dessen entledigen wollten. Dass es sich nur um einen geringen Teil von der Gesamtmenge handle, hielt der Gerichtshof für nicht relevant, weil diese Menge nicht abgetrennt werden könne und nur durch die weite Auslegung sichergestellt werden könne, dass «nachteilige Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen» möglichst geringgehalten werden.
Im Unterschied zur EU ist in der Schweiz „Klärschlamm“ positivrechtlich geregelt – Klärschlamm gilt nach Art. 10 Abfallverordnung (VVEA) als Abfall, welcher thermisch behandelt werden muss. Nach Art. 10 VVEA müssen «Siedlungsabfälle und Abfälle vergleichbarer Zusammensetzung, Klärschlamm, […] in geeigneten Anlagen thermisch behandelt werden, soweit sie nicht stofflich verwertet werden können“.
RS C-629/19, ECLI:EU:C:2020:824 – Sappi Austria Produktions-GmbH & Co. KG